Gemeinsam statt einsam:  Soziale Isolation schadet Gesundheit und Gesellschaft

Gemeinsam statt einsam: Soziale Isolation schadet Gesundheit und Gesellschaft

23. August 2021 · Dettlings Kolumne

Über 14 Millionen Menschen sind in Deutschland, mehr als 40 Millionen in Europa und weit über 30 Millionen in den USA betroffen. Die Rede ist von der neuen Volkskrankheit „Einsamkeit“. Das Rote Kreuz spricht von einer Epidemie im Verborgenen. Soziale Isolation reduziert unsere Lebensqualität und Lebenserwartung.

Menschen, die unter Einsamkeit leiden, sterben Studien zufolge früher, sind öfter dement oder depressiv und sind anfälliger für Verschwörungstheorien. Großbritannien sieht Einsamkeit auf dem Weg zur »gefährlichsten Erkrankung« in allen Industriestaaten und hat vor drei Jahren mit Tracey Crouch die erste »Ministerin für Einsamkeit« ernannt. Auch in Japan gibt es seit diesem Jahr ein solches Ministerium.

Die „Generation lost“ ist besonders betroffen
Die Corona-Pandemie hat die soziale Einsamkeit weiter erhöht. 65 Prozent der Beschäftigten haben in der Zeit Unterstützung von ihrem Arbeitgeber erhalten, weil sie unter Stress, Einsamkeit und Angst leiden. Betroffen sind vor allem junge Menschen. Ältere Menschen sind Umfragen zufolge besser durch die Pandemie gekommen als die Jüngeren, weil sie an das Alleinsein gewöhnt sind. Gerade die Digital Natives, die Generation Z, aufgewachsen mit sozialen Medien wie Instagram, Youtube, TikTok und Snapchat trifft das Gefühl der Vereinzelung härter. Drei Viertel (75%) der Altersgruppe der Generationen Y und Z fühlen sich isoliert. Das Lernen und Arbeiten alleine im Homeoffice tut nicht allen gut. Das Jugendwort des letzten Jahres hieß nicht zufällig „lost“. Schon warnen Extremismus-Experten vor der Gefahr einer neuen Radikalisierung unter jungen Menschen. Soziale Ausgrenzung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Anfälligkeit von Verschwörungstheorien. Besonders jüngere Einsame seien anfällig für Hass und Verschwörungsideen und Gemeinschaften, die ihnen vermeintliche Geborgenheit und Sicherheit versprechen. Japan macht ein neuer Trend zu schaffen, die totale Selbstisolation. „Hikikomori“ wird eine Person genannt, die sich weigert das Haus der Eltern zu verlassen und sich für mindestens sechs Monate aus der Familie und Gesellschaft zurückzieht, weil sie sich von der Welt abgehängt fühlen. Rund eine Million junger Japaner hat sich im eigenen Zimmer eingeschlossen und meidet jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Die Zahl der Suizide ist in Japan zuletzt signifikant gestiegen. Die USA meldeten im Frühjahr einen dramatischen Anstieg der Suizidversuche von Teenagerinnen um 50 Prozent.

Auch Führung macht einsam
Von Einsamkeit besonders betroffen sind nicht nur Jüngere. Auch Führungskräfte sind gefährdet. Umfragen zufolge gibt eine Mehrheit der TOP-Manager an, einsam zu sein. Weibliche Führungskräfte sind weniger einsam als Männer, die darunter leiden, kein ehrliches Feedback zu bekommen und im Beruf nur wenigen vertrauen oder auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Für viele Manager (und für fast alle Unternehmen) ist es ein Tabu, offen über Einsamkeit zu reden.

Der CARE-Markt boomt
Was tun? Eine Antwort auf den neuen Trend der Einsamkeit ist positive Gemeinsamkeit. Es geht darum, soziale Kontakte zu fördern und das Wohlbefinden der Menschen zu stärken. Studien zeigen, dass ein großer Anteil von Arztbesuchen keine medizinischen, sondern soziale Ursachen hat. Statt Medikamenten können Ärzte auch soziale Aktivitäten verschreiben. Das »soziale Rezept« vermittelt ehrenamtliche und sozialunternehmerische Angebote wie Tanzkurse oder Mitgliedschaften in einem Sportverein. Der interessante Befund des Experiments: Während die sozialen Aktivitäten stiegen, gingen die Arztbesuche um mehr als zehn Prozent zurück. Auch professionelle Wellbeing-Programme in den Unternehmen können helfen. Der Markt für Care-Anbieter wird mit und nach Corona boomen. „Klug ist, wer sich zu helfen weiß“, heißt eine Volksweisheit. Klüger ist, wer sich von anderen helfen lässt. Und klug ist eine Gesellschaft, die keinen alleine lässt.

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