„Was uns fehlt, ist der Mut, groß zu denken“ – Interview mit Frank Thelen

„Was uns fehlt, ist der Mut, groß zu denken“ – Interview mit Frank Thelen

03. Juli 2020 · Dettlings Kolumne

Technologien wie Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, 5G und Quantencomputer werden unsere Welt Digitale Medizin, radikal und nachhaltig verändern. Die aktuelle Coronakrise wird vieles beschleunigen, etwa in der Digitalen Medizin. Zudem wird das Verhältnis zwischen Europa, China und den USA wird nach Covid 19 ein anderes sein. Der Gründer und Tech-Investor Frank Thelen sieht unsere Welt vor einem Zeitalter exponentiellen Fortschritts.

Was bedeutet die globale Corona-Pandemie für das Thema Digitalisierung?

Das Thema Digitalisierung erlebt endlich einen Aufschwung. Wenn auch gezwungen, setzen sich viele Unternehmen gerade jetzt intensiv damit auseinander, wie sie ihre Prozesse digitalisieren können. Das ist schon lange überfällig und die Ursache dafür ist natürlich sehr unschön, aber ich bin froh, dass es so ist. Denn wer sein Land nicht bald zu 100% digitalisiert, wird bei der bevorstehenden Revolution den Anschluss verlieren.

Die Coronakrise war auch die Stunde der digitalen Medizin. Wie geht es nach Corona mit der Digitalisierung der Medizin weiter?

Ich hoffe sehr, dass sich der Trend hin zur digitalen Medizin fortsetzt. Nicht nur zu Pandemiezeiten herrscht Ansteckungsgefahr in den Wartezimmern unserer Arztpraxen. Natürlich braucht es in vielen Fällen auch weiterhin den persönlichen Kontakt zum Arzt, aber die digitale Sprechstunde ist in jedem Fall eine sinnvolle Ergänzung. Ebenfalls sinnvoll wäre es, anonymisierte Patientendaten zu sammeln und zu nutzen, um schneller die richtige Therapie zu finden und auch, um bei der nächsten Pandemie schneller und besser reagieren zu können. Daten sind nicht pauschal böse, sie können im Zweifel auch Menschenleben retten.

Welches Land hat die Pandemie bislang am besten mit digitalen Mitteln bewältigt?

Bislang hat noch kein Land die Pandemie bewältigt, es ist eine fortlaufende gesundheitliche und wirtschaftliche Herausforderung, deren Ausgang aktuell noch nicht feststeht. Man kann nur mutmaßen, wer aktuell die richtigen Entscheidungen trifft. Was den Einsatz von digitalen Mitteln angeht: die spanische Polizei setzt Drohnen ein, um das Einhalten der Abstandsregelungen zu überwachen, in Singapur werden hierfür Roboterhunde von Boston Dynamics eingesetzt, die die Bürger dann auch gleich informieren, wenn sie zu nah aneinander stehen. Man kann darüber streiten, wie weit ein Land hier gehen sollte, aber in der aktuellen Situation befürworte ich den Einsatz von solchen Technologien zum Wohle der Allgemeinheit.

Sie schreiben in Ihrem neuen Buch, dass unser Leben nachhaltiger, effizienter und sicherer wird. Haben Sie zwei konkrete Beispiele?

Unsere Mobilität wird schon sehr bald sehr viel nachhaltiger und effizienter, denn wir werden nicht nur komplett emissionsneutral, sondern auch deutlich schneller reisen. Möglich wird dies durch neuartige Mobilitätskonzepte wie das Flugtaxi oder den Hyperloop. Gleichzeitig wird es zukünftig sicherer sein, von A nach B zu reisen, da mit dem Aufkommen des autonomen Fahrens die größte Fehlerquelle nach und nach aus dem Verkehr gezogen wird: der Mensch. Auch unsere Ernährung könnte zukünftig deutlich nachhaltiger und effizienter werden. Es haben sich bereits zahlreiche Unternehmen auf die Herstellung von Fleisch aus dem Labor spezialisiert und auch schon erfolgreich die ersten Prototypen wie Steaks oder Hähnchen erstellt. Ich denke und hoffe, dass wir in Zukunft keine ganze Kuh mehr schlachten werden, um an ein Steak zu kommen.

Hat Europa im Wettbewerb mit China und den USA noch eine Chance? Was wäre sein USP?

Europa hat nach wie vor hochwertige Universitäten, herausragende Ingenieure und aktuell auch noch das nötige Kapital, um in einigen der neu entstehenden Felder etwas zu bewirken. Unser USP ist die eigentlich sehr starke Gemeinschaft Europas. Würden wir unsere Kräfte ernsthaft auf ein gemeinsames Ziel vereinen, würden wir es mit Sicherheit auch erreichen.

Sie sprechen vor allem von den nächsten 10 Jahren. Welche Zukunft hat Digitalisierung im Jahr 2050?

Eine Vorhersage für das Jahr 2050 zu treffen, fällt mir aktuell sehr schwer. Wie ich im Buch beschreibe, entwickeln Technologien sich exponentiell, der Mensch hingegen denkt Fortschritt linear weiter. Deshalb ist es auch für so viele noch nicht zu begreifen, dass wir in ein paar Jahren mit Flugtaxis und selbstfahrenden Autos reisen werden. Bis zum Jahr 2050 könnten dann Quantencomputer ihren Durchbruch haben, was komplett neue Möglichkeiten im Bereich der synthetischen Biologie und Materialforschung ermöglichen wird. So viel kann ich sagen: Es bleibt spannend und ich freue mich auf die Zukunft, die vor uns liegt!


  • Mehr zu Frank Thelen: frank.io
  • Buchhinweis (deutsch)
    Frank Thelen: 10 x DNA. Das Mindset der Zukunft. 256 Seiten. Frank Thelen Media (Verlag), 2020. 19,99 €.
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