Corona wird in der Geschlechterfrage zum Game Changer
Macht die Pandemie kaputt, was Frauen sich jahrzehntelang erkämpft und erarbeitet haben? Gegen diese Momentaufnahme spricht die Macht des Wandels. Corona beschleunigt den Wandel der Arbeits- und Familienwelt. Noch nie wie in den beiden letzten Jahren haben so viele Männer von Zuhause gearbeitet. Die große Mehrheit der Väter hat sich mehr um ihre Kinder gekümmert als vor der Pandemie. Auch deshalb denken immer mehr Unternehmen und Führungskräfte um. Die Pandemie wird auch in der Geschlechterfrage zum Game Changer. Die Monate des Lockdowns und der Kontaktbeschränkungen haben gezeigt, dass ganze Branchen einbrechen können und es besser ist, wenn beide Partner einer bezahlten Tätigkeit nachgehen.
Nach Corona kommt die Gleichstellung der Geschlechter schneller voran, weil immer mehr Unternehmen auf Frauen in den Führungsetagen setzen. Die zunehmende Präsenz von Frauen in den Führungsetagen hat Einfluss auf Gehaltsverteilung wie Produktivität in den Unternehmen, weist der deutsche Verhaltensökonom Matthias Sutter in seinem neuen Buch („Der menschliche Faktor“) nach. Quotenregelungen motivieren vor allem bestqualifizierte Frauen, sich dem Wettbewerb um Führungspositionen zu stellen, wodurch sich ihre Aufstiegschancen deutlich verbessern. Studien zeigen, dass Unternehmen, die Vielfalt leben, erfolgreicher durch die Krise gekommen sind. Unsere Arbeitswelt wird sich schneller ändern, als gedacht.
Neben den Arbeitsorten werden auch die Arbeitszeiten flexibler und fluider. Als erstes Nachbarland hat Belgien jetzt die Vier-Tage-Woche eingeführt. Beschäftigte können ihre Gesamtarbeitszeit statt an fünf an vier Tagen erledigen. Damit folgt Belgien Vorreiter Island. Dort haben sich heute 85 Prozent der Beschäftigten für das dreitägige Wochenende entschieden. Wer kürzer arbeitet, ist produktiver und fehlt seltener wegen Krankheit, so das Ergebnis einer isländischen Feldstudie. Verkürzt oder weggelassen wurden vor allem Meetings.
Der Fortschritt kommt schneller
Historiker werden die Zukunft der Arbeit in die Zeit „vor und nach Corona“ einteilen. Vor Ausbruch der Pandemie hat das World Economic Forum errechnet, dass sich der Gender-Gap erst in 99 Jahren schließen wird, wenn alles so bleibt, wie es ist. Nach Corona kommt der Fortschritt schneller. „Mehr Frauen in Führungspositionen, 4-Tage-Woche für alle und mehr Männer im Homeoffice“ lautet der neue Dreiklang der Gleichberechtigung.