Wenn die Menschheit so leben würde wie die Bevölkerungen von Qatar oder Luxemburg, wären ihre jährlichen Ressourcen bereits am 10. bzw. 14. Februar aufgebraucht gewesen. Kanada, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten haben den Punkt der Überlastung bereits am 13. März, Deutschland, Frankreich und Spanien am 4., 5. und 12. Mai erreicht. Die Menschheit lebt ökologisch immer länger auf Pump. Nur drei Länder verbrauchen im Dezember ihr Ressourcenbudget: Indonesien, Ecuador und Jamaika.
Die Städte müssen grüner, gesünder und kühler werden
Die Folgen sind dramatisch: Temperaturen um die 40 Grad, wie wir diesen Sommer erlebt haben, werden normal. Jährlich gibt es mehr Hitze- als Verkehrstote. Wir können die Erdüberlastung wieder zurückfahren, indem wir unseren ökologischen Fußabdruck radikal verringern. Um ihre Überhitzung zu vermeiden, müssen vor allem die Städte grüner und gesünder werden. Wenn die Winter milder werden, braucht es weniger Heizungsenergie, dafür mehr Energie für Kühlung im Sommer. Die Landwirtschaft wird zur Stadtwirtschaft und sorgt für besseres städtisches Klima, mehr Artenvielfalt und nachhaltigere Stadtentwicklung. Auch die Architektur und Gebäude müssen sich anpassen. Viele Gebäude sind nicht gerüstet für die zunehmende Hitze. Es geht um eine neue Balance des alten Mantras „höher, enger, dichter“ und dem neuen Motto „offener, kühler und grüner“. So sorgen begrünte Frischluftschneisen und begrünte Dächer für kühlere Temperaturen. In Mailand steht ein Hochhaus, das der „vertikale Wald“ („Bosco Verticale“) genannt wird. Fast 1000 Bäume und mehr als 2000 Pflanzen wurden an den Fassaden und Balkonen gepflanzt, was einer Waldfläche von ungefähr 7000 qm entspricht. Ihre Bewässerung erfolgt über ein Schlauchsystem, das Wasser aus einem Becken im Keller, in dem das Brauchwasser gesammelt wird, auf die Balkone befördert. Mehrere Millionen Bäume hat die Stadt Mailand in den letzten 30 Jahren gepflanzt, weitere Millionen sollen folgen. Vertikale grüne Gebäude und Viertel entstehen in Zukunft weltweit in den großen Städten, die so gesünder und dörflicher werden.
Die Grenzen des Wachstums
1972, als die Menschheit ihren ökologischen Fußabdruck erst im Dezember aufgebraucht hatte, erschien der vom Club of Rome beauftragte Bericht zur Lage der Menschheit („Die Grenzen des Wachstums“), der ein Erreichen der absoluten Wachstumsgrenzen „im Laufe der nächsten 100 Jahre“ prognostizierte. Wir haben diesen Zeitpunkt bereits heute erreicht. Statt ausschließlich ökonomisch zu wachsen, geht es in Zukunft um ökologisches Wachstum.
Die Klimawende braucht uns alle, neue Standards, Anreize und Instrumente. Nachhaltiger und effizienter als Verzicht und Verbote von oben sind Anreize, Wettbewerbe und Innovationen. Innovationen entstehen von unten und dezentral. Dass Städte und Gemeinden schneller und dennoch bürgernah in Krisenzeiten agieren, haben sie in der Coronakrise gezeigt. Auch in der Klimakrise wird es vor allem auf die lokale Ebene ankommen.