Das Ende des Büros? Die digitalen Nomaden erobern die Arbeitswelt

Das Ende des Büros? Die digitalen Nomaden erobern die Arbeitswelt

17. November 2020 · Dettlings Kolumne

In diesen Wochen muss ich oft an den Satz der amerikanischen Feministin Arlie Hochschild denken: „Home becomes work and work becomes Home“. Der Gründer und CEO der Kommunikationsplattform Slack, Stewart Butterfield, hat jüngst das Zeitalter des Büros für beendet erklärt. Die Corona-Pandemie beschleunigt die Transformation der Arbeitswelt um bis zu zehn Jahre.

Von dem Trend hin zu weniger Büros profitieren Plattformen wie Slack, Zoom, Google und Microsoft. Aber auch Arbeitnehmer und Führungskräfte? Welche Trends setzen sich in der Bürowelt von morgen durch? Die alte Trennung zwischen Arbeit, Urlaub und Familie wird aufgehoben. Die digitalen Nomaden verändern die Bürowelt der Zukunft.

Mehr Homeoffice = weniger Pendeln und mehr Klimaschutz

Eine große Mehrheit der Arbeitnehmer kann sich vorstellen, nach Corona häufiger von Zuhause zu arbeiten. Studien zufolge leidet darunter auch nicht die Produktivität. Im Gegenteil: sie ist sogar während des Lockdowns gestiegen. Viele Unternehmen haben binnen weniger Tage den Großteil der Arbeit ins Homeoffice verlegt. Nicht nur für die großen Unternehmen wird Homeoffice zum neuen Standard. Auch weil es Zeit, Kosten und CO2 einspart. Mehr Homeoffice bedeutet weniger Büroarbeit und Pendeln und damit mehr Zeit für die Familie und mehr Klimaschutz. Unternehmen können durch mehr mobiles Arbeiten bis zu 10.000 Dollar je Mitarbeiter an Sachkosten im Jahr sparen. Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Home und Office werden eins. Die Trendforscherin Oona Horx-Strathern hat einen neuen Begriff kreiert: „Hoffice“. Das Büro löst sich von seiner alten Struktur und wird fluide und flexibel. Und das überall.

Die digitalen Nomaden erobern die Arbeitswelt

Ein neuer Lebens- und Arbeitsstil setzt sich durch. Die Digitalen Nomaden erobern die Arbeitswelt. Sie sind global, mobil und vernetzt und im Wettbewerb um Talente heiß umkämpft. Ihre Kerngruppe sind die 20- bis 45-Jährigen. Die klare Trennung zwischen privat und beruflich, arbeiten und wohnen kennen die modernen Nomaden nicht mehr. Vielmehr geht es um flexibles, eigenverantwortliches und projektbasiertes Arbeiten. Ein langjähriger Bürojob mit Alltagsroutine ist für die digitalen Nomaden ein „no Go“.

Die neuen Trends haben Folgen für die Bürowelt der Zukunft, wirtschaftlich, kommunikativ und geografisch. Wirtschaftlich: Corona wird den Markt für Büroimmobilien verändern. Büros werden größer und gemischter. „Co-Working“ setzt sich auch in den Unternehmen durch. Kommunikativ: Aus Büros mit einzelnen Schreibtischen werden soziale Begegnungsräume. Geografisch: Das Interesse der Mitarbeiter an Arbeiten weit weg von Zuhause und Büro wird steigen. Ein neuer Begriff setzt sich durch: „Workation“ – Reisen, Arbeiten und Erholen werden eins. „Mobil Arbeiten“ geht überall. Das Homeoffice wird zunehmend ins Ausland verlagert. Aus Ferien- und Urlaubsorten werden (auch) Arbeitsorte. Reiseanbieter werden zu Büromaklern.

Neue Führungskultur ist entscheidend

Der alte Slogan „Zuhause ist, wo wir uns wohl fühlen“ gilt in Zukunft auch für die Arbeitswelt. Wo und wie wir in Zukunft arbeiten, hängt von der Unternehmenskultur ab. Der größte Motor für mehr Produktivität ist ein gutes Arbeitsklima. Faktoren und Maßnahmen wie Vertrauen, Feedback, Empathie, Weiterbildung und Mitarbeitermobilität gehört die Zukunft, Präsenzkultur und Kontrollwahn dagegen gehören der Vergangenheit an. Ohne Konflikte wird der Wandel nicht verlaufen. Wenn die Firma zum Zuhause und zu Hause nur Arbeit wartet, bleibt keine Zeit mehr, warnt die US-Soziologin Arlie Hochschild in der zitierten Studie. Diese ist jetzt 15 Jahre alt. Das eigentliche Versprechen der neuen Arbeits- und Bürowelt nach Corona muss daher „mehr Zeit“ lauten. Mehr Zeit für uns und unsere Familien. Wir brauchen eine neue Work-Life-Family-Balance. Nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Das ist das wirklich Neue an „New Work“: Heimarbeit auch für Männer. Nicht als individueller Verlust, sondern als Gewinn für Alle.

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